Anlage 3 zur GRDrs 328/2000

 

 

Jugendamt                                                                           Stuttgart, den 13.3.2000

Jugendhilfeplanung                                                             Bearbeiterin: Frau Stein-Pietsch

51-00-01                                                                              NSt.: 7450

 

 

Soziale Infrastruktur Lauchhau/Lauchäcker

 

1. Ausgangslage

 

1.1   Aufsiedlungsgebiet Lauchäcker

 

Direkt angrenzend an den Stadtbezirk Lauchhau wird aktuell eine Aufsiedlung im Lauchäcker begonnen. Das Baugebiet ist insgesamt angelegt auf 600 Wohneinheiten angelegt, zunächst werden jedoch laut GRDrs 253/1999 203 Wohneinheiten (50 Reihenhäuser, 125 Maisonnette-Etagenwohnungen und 28 Sozialwohnungen) gebaut. Die Häuser und Wohnungen gehören zum Programm preiswertes Wohneigentum, so daß erfahrungsgemäß insbesondere junge Familien mit Kindern zuziehen werden und von einer voraussichtlichen Einwohnerzahl von ca. 760 Bürgerinnen und Bürger auszugehen ist. Bei preisgünstigem Wohneigentum ist nach Rücksprache mit dem Stadtplanungsamt nach den bisherigen Erfahrungen ein hoher Anteil von Kindern unter 10 Jahren (ca. 260 Kinder) zu erwarten, davon ungefähr 120 Kinder im Alter von 3-6 Jahren.

 

1.1   Bestandsgebiet Lauchhau

 

Die Satelliten-Hochhaussiedlung Lauchhau besteht zum größten Teil aus sozialem Wohnungsbau (ca. 85-90%). Die restlichen Wohnungen sind Eigentumswohnungen.

 

Im Lauchhau leben hauptsächlich ausländische Familien mit Kindern, so dass ganze Wohnblocks fast ausschließlich mit Familien einer Nationalität (überwiegend türkische Bürgerinnen und Bürger) belegt sind. Gleichzeitig ist eine Überalterung der deutschen Bevölkerung zu beobachten.

 

Bevölkerungsstruktur (Stand 12/1999):

 

Die Gesamtbevölkerung im Lauchhau beträgt 1172 Einwohnerinnen und Einwohner.

 

 

Anteil ausgewählter Bevölkerungsgruppen

 

Lauchhau

Gesamtstadt zum Vergleich

Anteil der Kinder und Jugendlichen (gesamt)

376 (32 %)

16,3 %

Anteil der Kinder von 0 bis unter 3 Jahre

33 (2,8 %)

2,9 %

Anteil der Kinder von 3 bis unter 6 Jahre

49 (4,2 %)

2,7 %

Anteil der Kinder von 6 bis unter 10 Jahre

87 (7,4 %)

3,4 %

Anteil der Kinder/Jugendlichen von 10 bis unter 14 J.

74 (6,3%)

3,5 %

Anteil der Jugendlichen von 14 bis unter 18 Jahre

83 (7,1 %)

3,4 %

Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre

175 (14,9%)

16,7 %

Anteil der nichtdeutschen Einwohner/-innen

451 (38,5 %)

23,9 %

Anteil der Alleinerziehenden

30 (20%)

18,4%

 

 

 

 

Zu den Lebens- und Wohnbedingungen im Lauchhau:

 

·      Die soziale Infrastruktur besteht derzeit aus der städtische Ganztageseinrichtung für Kinder und einem Kindergarten mit betrieblichen Plätzen in der Trägerschaft von ”Kind e.V.” Offene Angebote für Kinder und Jugendliche gibt es nicht. Die Spiel- und Sportflächen befinden sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand.
Nachmittags drängen sich Kinder, die nicht angemeldet sind, vor dem Eingang der Kindertageseinrichtung, um dort spielen zu können.
Ein Teil der Kinder des Lauchhau besucht zwar das Kinderhaus in Büsnau, aber viele nichtdeutsche Eltern erlauben es nach Beobachtung der Fachkräfte vor Ort ihren Kindern nicht, den Nachmittag außerhalb des Wohngebietes zu verbringen.

 

·      Die Jugendlichen des Stadtgebiets weichen hauptsächlich in den Schülertreff in Büsnau aus, der zweimal wöchentlich in der Steinbachschule stattfindet.

 

·      Direkt im Lauchhau sind keine Vereine aktiv und die kirchlichen Einrichtungen ziehen sich aus der Kinder- und Jugendarbeit zurück. Die evangelische Kirche wird ihren Standort im Lauchhau ganz aufgeben (die Pfarrerstelle wurde nicht wieder besetzt) und wird deshalb derzeit nur noch verwaltet.

 

·      Der ehemalige allgemeine Treffpunkt im Zentrum des Stadtteils (ein freier Platz mit Bänken), der immer sehr belebt war und an dem sich unterschiedliche Generationen aufhielten, wurde bebaut. So gibt es keine Orte und Plätze der Begegnung und Kommunikation im Stadtteil.

 

·      Durch den laufenden Zuzug von Migranten-Familien und die Überalterung der deutschen Bevölkerung ist die soziale Integration gefährdet und die Gefahr einer ”Ghettoisierung” besteht.

 

Die bevorstehende Aufsiedlung Lauchäcker ist deshalb dazu zu nutzen, das Bestandsgebiet Lauchhau aufzuwerten und die Lebensqualität im Stadtteil für alle Bevölkerungsgruppen, insbesondere für Familien, Kinder und Jugendliche zu verbessern.

 

Voraussetzung für eine gelingende Aufsiedlung des Neubaugebietes ist die Schaffung einer gemeinsamen Stadtteilstruktur, die das Bestandsgebiet und das Aufsiedlungsgebiet miteinander verbindet, ein Gemeinwesen entstehen läßt und die Identifikation mit dem Wohngebiet fördert.

 

 

2. Ziele der infrastrukturellen Planung

 

·      Zusammenführung der beiden Wohngebiete und Schaffung eines vernetzten und lebendigen Gemeinwesens mit vielfältigen Kommunikations- und Begegnungsmöglichkeiten,

·      Integration der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Aktivierung von nachbarschaftlichen Kontakten,

·      Entwicklung von infrastrukturellen Voraussetzungen (z.B. Räume, Plätze), die Angebote für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen ermöglichen,

·      Aufwertung des Bestandgebietes Lauchhau.

 

 

 

 

 

 

3. Bisherige Ergebnisse der sozialen Infrastrukturplanung

 

Im Aufsiedlungsgebiet ”Lauchäcker” ist auf dem Gemeinbedarfsgrundstück Edouard-Manet-Weg ein gemeinwesenorientiertes Stadtteilzentrum geplant, das sich zu einem Anlaufpunkt für die Bevölkerung entwickeln soll.

 

Für dieses gemeinwesenorientierte Zentrum sind drei Bestandteile gedacht:

 

1.   eine städtische Ganztageseinrichtung für Kinder mit 4 Gruppen

2.   Räume für Offene Kinder und Jugendarbeit

3.   Räume für ASD und Gemeinwesenarbeit *) (auch öffentlich nutzbar für Initiativen aus dem Stadtteil)

 

Zusätzlich ist ein Mehrzweckraum geplant, der allen Nutzerinnen und Nutzern des Zentrums für Veranstaltungen zur Verfügung steht.

 

Als Voraussetzungen dafür, dass innerhalb des Zentrums eine Atmosphäre der Begegnung und des Zusammenhalts entsteht, gelten für alle Personen, die in der Gesamteinrichtung tätig sind:

 

- die gegenseitige Wertschätzung aller Angebote und Einrichtungen,
- eine hohe Kooperationsbereitschaft und Bereitschaft zu interdisziplinärem Arbeiten,
- die Bereitschaft, das eigene Angebot auch für andere Zielgruppen zu öffnen (in Zu-
  sammenarbeit mit den anderen Institutionen)
- eine enge Vernetzung mit den anderen Institutionen, z.B. Ausrichtung auf gemein-
  same Ziele und Aktivitäten im Stadtteil
- eine hohe Kommunikationsfähigkeit
- ein multikultureller Arbeitsansatz.

 

*)Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist die Situation im Wohngebiet Lauchhau alarmierend. Es ist offensichtlich, daß sich die Lage im Zuge der Aufsiedlung Lauchäcker noch verschärfen wird. Die Voraussetzungen für eine gelingende Aufsiedlung Lauchäcker ohne nachbarschaftliche Konflikte und gegenseitiger Abgrenzungen sind die Schaffung von lebenswerten sozialen Bedingungen für beide Wohngebiete und die Entwicklung eines Gemeinwesens, mit dem sich alle Bevölkerungsgruppen identifizieren können. Zur Entwicklung geeigneter Strukturen und zur Aktivierung der Selbsthilfekräfte der Bewohnerinnen und Bewohner ist deshalb eine Gemeinwesenarbeitsstelle befristet einzurichten.